Acrylmalerei für Neulinge und Anfänger

Meine Erstlingserfahrungen mit Acrylmalerei

und

was ich auch noch weitergeben will

 

Das Handwerk

Farbe = Farbstoff + Bindemittel

Das wichtigste Malmittel ist die Farbe. Schon die Höhlenmaler bemerkten vor Tausenden von Jahren, dass die Farbe von Decke und Wand wieder herunterfällt, wenn der Ruß oder ein anderer Farbstoff nicht durch Talg mit dem Untergrund verbunden wurde. Farbe besteht also aus dem Farbstoff, und einem Bindemittel.  

Farbstoff

Wer Sommersprossen hat, weiß, dass Sommersprossen eine Pigmentstörung der Haut sind, das heißt eine Störung des Hautfarbstoffs. Wie in der Medizin, wird auch in der Malerei ein Farbstoff lateinisch „Pigment“ genannt. Als Pigmente dienten und dienen Pflanzenfarbstoffe, wie Krapplack, Safran, Mohn oder Indigo, bei den tierischen Farbstoffen zum Beispiel im Lippenstift das Blut einer bestimmten Lausart. Von den Erden dienen gebrannt oder ungebrannt Ocker, Umbra oder Siena als Pigment. Die Halbedelsteine Türkis oder Lapislazuli wurden zu Pigment vermahlen. Und letztlich dienen Metalloxide wie das weiße Blei-, Zink- oder Titanoxid oder das grüne Chromoxid als Pigment. Für Blau wird eine Verbindung mit dem Schwermetall Kobalt und für Gelb bis Rot eine Verbindung mit dem leichteren Metall Kadmium verwendet.

Pflanzliche und tierische Farbstoffe werden heute in Fabriken künstlich hergestellt.

Füllstoff 

Wie untergerührtes Mehl den Zimt streckt, aber nicht würziger macht, so enthalten billige Farben Füllstoff, der mehr Farbe vorgaukelt, dem aber das färbende Pigment fehlt.

 Bindemittel 

Das unumgängliche Bindemittel Talg der steinzeitlichen Höhlenmaler wurde später vom Kaseϊn, der Hühnereier abgelöst. Später wurde das Kaseϊn durch Tempera und Leinöl und heute werden diese durch Acryl abgelöst. Acryl, eigentlich Acrylharz, ist ein künstlich hergestelltes Harz, das schneller als Ölfarbe trocknet, und daher früher übermalt werden kann.  

Acrylfarben 

Deckkraft 

Die Deckkraft einer Farbe hängt von ihrem Pigmentanteil ab. Wenig Pigment im Bindemittel gibt wenig Färbung auf dem Malgrund und muss dann um eine satte Färbung aufzuzeigen öfters übermalt werden.

Billige Farben aus Kaufhäusern oder Handelsketten besitzen wenig Pigment und sind letztlich, da sie öfters aufgetragen werden müssen, nicht billiger nur arbeits- und zeitintensiver. Akzeptabler sind Studioqualität z. B. „Academie Acryl color“ der Firma Schmincke die besten Farben sind die „feinen Künstlerfarben“, die Firma Schminke nennt sie „Prima Acryl“. Die Qualitäten „Studio“ und „feine Künstlerfarben“ einer Firma lassen sich untereinander kombinieren.

Acrylfarbe lässt sich mit Wasser verdünnen. Die verwässerte Farbe ist weniger deckend also durchscheinender. Durchscheinend wird in der Malerei als lasierend bezeichnet. Farben werden deckend, halbdeckend, halblasierend oder lasierend hergestellt. Zum Beispiel wünscht man bei Schatten ein Durchscheinen des Untergrunds, bei starkem Schatten halbdeckend, bei schwachem Schatten lasierend.

Leuchtkraft 

Wenig Pigment erzeugt geringe Leuchtkraft. Gute Farbe wirkt über dunklem Untergrund aber ebenso stumpf. Der Leuchtkraft einer Farbe auf dunklem Untergrund wird durch übermalen des dunklen Untergrunds mit Titanweiß zu mehr Helligkeit verholfen.  

Lichtechtheit 

Unter Lichtechtheit versteht man, dass im Laufe der Zeit eine Farbe sich nicht verändert, weder durch die Belastung des UV-Lichts der Sonne, noch dunkler wird durch Oxidation oder das Bindemittel vergilbt.

Bei der Acrylfarbe hängt die Lichtechtheit vom Pigment ab. Gute Farben sind gekennzeichnet ob sie höchste (***), sehr gute (**), ausreichende (*) oder geringe (o) Lichtbeständigkeit besitzen.  

Konsistenz und Oberflächenstruktur 

Die Farben haben verschiedene Konsistenz von pastos bis flüssig. Auf einer großen Fläche lassen sich flüssige Farben wie zum Beispie “PrimAcryl Fluid“ der Firma Schmincke ansatzfreier auftragen als pastose. Man kann die pastose Farbe aber auch mit Wasser verdünnen und nacheinander in mehreren Lagen auftragen. Sehr wässrige Farben können nicht an der Wand oder auf der Staffelei aufgetragen werden, weil da die Brühe einfach herablaufen würde.

Pastose Farbaufträge verleihen dem Bild mehr Struktur als flüssige. Noch mehr Struktur erreicht man mit Strukturpaste.

Mit Gips oder gar Gipsbinden lassen sich äußerst markante Strukturen erreichen, die dann mit Farbe übertüncht werden müssen.

Der Preis für 1 Liter Acrylfarbe kann bei kleinsten Tuben bis zu 160 € je Liter steigen. Große Gebinde sind, wie immer und überall, billiger. Für 1 m2 vorbehandeltem Malgrund kann man bei dünnem Farbauftrag mit 1-2 Tuben Farbe zum Preis von etwa je 5 € auskommen.  

Der Malgrund 

Als Malgrund, auf den gemalt werden soll, eignen sich für Acrylmalerei Papier mit 360 Gramm/m2, Karton, Holz, Leinwand, aber auch mineralische Untergründe, wie Beton, Putz, Stein, Gips, Keramik, sowie Glas und Keramik. Der Untergrund muss fettfrei und sollte nicht saugend sein. Saugende Untergründe wird man grundieren, wenn sie, entgegen den vorgrundierte Leinwände, nicht grundiert sind. Für mineralische Untergründe, wie bei Wänden, besorgt man sich Tiefengrund im Baumarkt.   

Das Malwerkzeug und der Farbauftrag 

Einige Fabrikate von Farben lassen sich mit der Sprühpistole auftragen. Beim Farbauftrag beginnt die künstlerische Freiheit. Wer mit dem Straßenbesen die Farbe aufträgt und verteilt erhält eine andere Struktur, als der, welcher es mit dem Gartenrechen versucht. Für strukturarmes Farbauftragen verwendet man Flach- oder Katzenzungenpinsel. Für einen gleichmäßigen Farbauftrag verfährt man mit dem Pinsel wie mit der Spritzpistole man streicht erst in der einen Richtung und anschließend quer dazu. Manchmal drückt man die Farbe aus der Flasche oder Tube direkt auf den Malgrund. Van Gogh benutzte für den Farbauftrag unter anderem seinen Handballen, Toni (Anton) Gold, ein Freund meines Vaters und Mitglied der Sindelfinger Sezession „Die Zwölf“, benutzte seinen Daumen, mein Vater den Spachtel (auch Malmesser genannt) oder den Pinsel. Für Acrylmalerei bedarf es keiner Naturhaarpinsel es genügen Pinsel mit synthetischen Haaren. Große Flächen können mit einer Walze getüncht werden.  

Der Farbkreis 

Primär ist lateinisch und heißt erste. Sekundär ist ebenso Latein und heißt zweite und Tertiär meint dritte. Wie man vielleicht vom Computer-Farbdrucker her kennt, sind die 3 Primärfarben (besser Primärfarbtöne) Rot, Gelb und Blau. Die Sekundärfarben (Sekundärfarbtöne) sind Orange Grün und Violett. Aus den 3 Primär Farben lassen sich, wenigstens beim Computer-Drucker, die 3 Sekundärfarben erzeugen. Bei den Acrylfarben gilt das nur theoretisch.

Tatsache ist, dass sich nur aus den 5 „Primärfarben“ Rot, Magenta, Gelb, Cyan und Ultramarin der Marke Sirius von der Schweitzer Firma Lascaux alle 3 Sekundärfarbtöne Orange, Grün und Violett herstellen lassen.

Mit Rot (bzw. Magenta) und Gelb lassen sich alle Orangetöne mischen, mit Cyan (bzw. Ultramarin) und Gelb lassen sich alle Grüntöne erzeugen und mit Rot (bzw. Magenta) und Blau (Cyan oder Ultramarin) lassen sich alle Violetttöne herstellen, die dann mit Weiß aufgehellt oder mit Schwarz abgedunkelt werden.

Die Komplimentärfarbe zu einer Primärfarbe besteht aus der Mischung von beiden anderen Primärfarben, die Komplimentärfarbe zu Rot ist demnach Blau + Gelb = Grün.  Die Komplimentärfarbe zu Gelb ist demnach Rot + Blau = Violett. Die Komplimentärfarbe zu Blau ist demnach Gelb + Rot = Orange. Eine Primärfarbe und ihre Komplimentärfarbe kontrastieren gut zu einander.

Die Tertiärfarbe (eine sinngemäße Wortschöpfung von mir) ist Braun. Sie besteht aus allen 3 Primärfarben zusammen. Entweder Rot + Gelb + Blau oder einer Primärfarbe + ihrer Komplimentärfarbe.  

Farbenmischung und Farbpalette 

Die Farbenmischung geschieht meistens auf einer Farbpalette. Ob man eine runde oder rechteckige Palette verwendet ist Geschmackssache. Eine weiße Palette zeigt den erzeugten Farbton besser auf als eine hölzerne. Eine Porzellanpalette ist schwerer als eine Plastikpalette. Eine chinesische Lotosblütenpalette hat einen abnehmbaren Deckel und lässt so über die Nacht eine angemischte Farbe nicht so leicht eintrocknen. Das Eintrocknen lässt sich auch verzögern durch ein über die Farbe bereitetes feuchtes Tuch. Ausgespülte Yoghurt-Becher sind durchaus geeignet, um Farbe anzumischen, und wenn sie abgeschnitten sind und ein feuchtes Tuch darüber gelegt ist, sind sie so wirksam wie eine Lotospalette.

 Die Farbenmischung geschieht nicht in der Weise, dass man über Farbe 1 die Farbe 2 kippt, sondern man gibt beide Farben einzeln auf 2 verschiedene Plätze und mischt auf einem 3. Platz die beiden Farben zusammen.

Oft ist es künstlerischer, nicht zwei Farben ganz durchzumischen und dann die homogen durchgemischte Farbe zu vermalen, sondern beide Farben auf dem Malgrund zu mischen. Beispiel, das mein Vater mir gezeigt hat: Bei Blattgrün wird nicht Chromoxidgrün so lange mit Weiß gemischt, bis es passt, sondern Gelb aufgetragen und dann Blau darübergemalt. So mischt sich Blau mit Gelb zu Grün auf eine Art, die lebendiges Wachstum andeutet. Gelb wird man dann der sonnebeschienenen, Blau der sonneabgeneigten Seite zuordnen, und wo sich beide mischen, ist das Grün. Einen ähnlichen Effekt lässt sich auch mit nur teilweise durchgemischten Farben erzeugen.

Will man ein langweiliges Braun (den berühmten braunen Baumstamm) aufmotzen, kann man eine Primärfarbe malen und mit der Komplimentärfarbe auf dem Malgrund mischen. Baumstämme sind selten Braun, man denke zum Beispiel bloß an den Stamm einer Kiefer, der außer Orange auch Violett enthält. 

Aufhellen von Farbe 

Das Aufhellen einer Farbe geschieht wie das Mischen zweier Farben, als zweite Farbe wird jedoch Titanoxid verwendet. Gebranntes Siena wird beim Aufhellen aber nicht hellbraun sondern rosa.

Sehr helle Farbtöne erreicht man leichter und billiger auf die Weise, wie homöopathische Arznei hergestellt wird, indem man nicht so lange Weiß dazumischt, bis die Helligkeit erreicht ist, sonder man mischt einmal Weiß zur Farbe bis die Farbe gleichmäßig durchmischt ist, dann nimmt man wenig dieses erhaltenen Mischproduktes auf einen neuen Platz auf der Palette und mischt wieder Weiß dazu. Das Zwischenprodukt lässt sich unter Umständen sehr gut für Schattenflächen verwenden.  

Abdunkeln für Schatten 

Eine andere Art, den Lichtschatten zu erzeugen, ist, mit wässrigem vanDyckbraun (fan Deick gesprochen, nach dem holländischen Maler van Dyck) über den Untergrund zu lasieren. Anstelle von vanDyckbraun kann man auch wässriges Schwarz verwenden. 

Farbentfernung von Stellen auf dem Malgrund, Werkzeug, Teppichböden usw. 

Ganz, ganz, sehr frische Farbe lässt sich mit Wasser, oder noch besser, mit Wasser und Kernseife entfernen. Wie der griechische Philosoph Demokrit meinte, auf schwäbisch gesagt: „Von nichts kommt nichts, und aus etwas kann nicht nichts werden,“ so verschwindet die mit Wasser und Kernseife behandelte Farbe nicht, sie bleibt da, sie ist nur verdünnt und muss von dem Platz, an dem sie nicht gewünscht wird, wegtransportiert werden. Ich verwende dazu am liebsten Wattestäbchen, die, wenn sie die Farbe aufgenommen haben, in Müll fliegen. Wenn ich auf dem Malgrund über den richtigen Ort hinausgemalt habe, nehme ich mit dem, im Mund oder im Wasser angefeuchteten Wattestäbchen, die Farbe auf. Die Wattestäbchen liegen bei meinem Malwerkzeug. Ich finde Wattestäbchen entschieden effektiver, als einen nassen Pinsel. Wenn ich einen schon vor längerer Zeit, dunkel gemalten Schatten an einer Stelle weg haben will, ist es besser, die Stelle mit Titanweiß zu übertünchen, und dann die Grundfarbe wieder darauf zu malen, anstatt die dunkle Farbe des Schattens mit Wasser und Zahnbürste ewig zu traktieren.

Den Teppichboden oder das neue T-Shirt kann man, wenn Wasser und Kernseife nicht genügt, vielleicht auch noch mit dem Pinselreiniger der Firma Lascaux reinigen, aber auch hier muss die Farbe nicht bloß verdünnt, sondern mit Wattestäbchen oder Haushaltspapier abtransportiert werden.

Die Pinselreinigung habe ich der Reinigung in mechanischen Werkstätten etwas abgeschaut. Ein Kugellager wird gereinigt, indem es in ein, mit Waschbenzin teilweise gefülltes Gefäß, gelegt wird und mit einem Pinsel und Waschbenzin abgewaschen wird. Dabei ist in dem Reinigungsgefäß ein Sieb unter und ein Steg über dem Flüssigkeitsspiegel.

So streife ich meinen Pinsel im Wasser, in dem ein großer Tropfen Spülmittel ist, auf dem Sieb ab, dann lege ich den Pinsel auf den Steg und pinsle ihn mit einem anderen, für diesen Zweck im Wasser wartenden, Pinsel mit harten Borsten, ab. Den Pinselwascher mit Sieb, Steg und Haltespirale, gibt es für 5,74 € bei Boesner, und die Luxusausführung aus Edelstahl kostet 19.69 €.

Weil der Pinsel nun weitgehend farbfrei ist, ist er deshalb noch lange nicht trocken. Mit so einem nassen Pinsel in die Farbe zu gehen, verwässert die Farbe, zumindest im Pinsel, und stimmt dann nicht mehr. Deshalb muss der Pinsel getrocknet werden. Bei Wasserfarbe habe ich den Pinsel noch zwischen den Lippen ausgepresst, aber bei Acrylfarbe will ich das nicht mehr. Jetzt habe ich eine runde Plastikdose, in der steht der Pinselwascher und um den Pinselwascher habe ich einen breiten Schaumgummi gewunden, der zwischen Dosenwand und Pinselwascher festgehalten wird. Auf dem Schaumstoff streiche ich die nassen Pinselborsten aus, bis ich meine, dass es genügt.

Wenn das Handy bimmelt, den Pinsel zwischen den Zähnen halten und nach dem Handy greifen, aber niemals den Pinsel ungereinigt aus der Hand legen, nass vom Wasser darf er sein.  

Die Palette, in der ich die Farbe zum Malen vorhalte, ist eine rechteckige weiße Plastikpalette. Ich reinige sie nach dem Malen oder spätestens am Abend mit heißem Spülwasser. Manchmal nützt eine Spülbürste, aber oft muss ich mit dem Fingernagel die Farbreste entfernen. Da sich die Farbe im ganzen Spülwasser löst, muss ich die unbenutzte Rückseite der Palette auch mit der Spülbürste reinigen. Einfacher ist es, einen Palettenblock mit 36 papierenen Abreißpaletten, zu verwenden, und das benutzte Papier abzureißen und wegzuwerfen. Preis: 6,75€ für 36 Blatt. Die gleichgroße Plastikpalette kostete etwa 4€.

Die Kunst

 Naturalistisches Malen 

Mein Vater erzählte mir einmal, sinngemäß die folgende Geschichte, die ich noch ausgeschmückt habe:

Es war einmal ein chinesischer Kaiser, der ein großes Fest vorbereitete. Dazu wollte er einen schönen Teller, auf dem ein Hahn gemalt ist. Deshalb schickte er nach dem besten Porzellanmaler des Reiches. Als dieser vor den Kaiser gekommen war, fragte ihn der Kaiser: „Kannst du für ein großes Fest einen schönen Teller mit einem Hahn darauf für mich malen?“ Der Maler bejahte die Frage. Darauf fragte ihn der Kaiser: „Genügt ein Jahr, um diesen Teller „fertigzustellen?“. Der Maler erwiderte, dass ihm diese Zeit genügen würde. Darauf wurde er vom Kaiser gefragt, ob er, zu diesem Zweck, noch irgend etwas bedürfe. Da wünschte er, sich völlig frei im Hühnerstall des Hofes bewegen zu dürfen, bis der Teller fertig sei. Das wurde ihm gewährt.

Der Porzellanmaler richtete sich im Hühnerstall des Hofes ein.

Nach einem viertel Jahr fragte der Kaiser wie der Maler vorankäme. Seine Höflinge sagten, dass sie ihm nichts Gutes berichten könnten. Darauf lies der Kaiser den Maler vor den Thron befehlen und fragte ihn: „Wie geht die Arbeit mit dem Teller voran?“ Der Porzellanmaler erwiderte: „Sehr gut.“ Und der Kaiser wollte wissen, ob der Teller auch rechtzeitig fertig sein würde, was der Maler wiederum bestätigte. Der Kaiser entlies ihn, um mit seiner Kunst fortzufahren, schließlich war er der berühmteste Porzellanmaler seines großen Reiches.

Nach einem weiteren viertel Jahr fragte der Kaiser wieder nach dem Fortgang des Tellers, und seine Leute sagten, dass sie wiederum nichts Gutes berichten könnten. Da lies der Kaiser den Maler mit dem Teller wieder vor den Thron laden. Der Maler erschien mit einem unbemalten Teller.

Als der Kaiser den Teller sehen wollte, überreichte der Maler ihm den Teller. Als der Kaiser den blanken Teller sah, fragte er den Maler, ob er ihn, den Kaiser, zum Narren halten wolle. Der Maler widersprach und sagte, dass er sich sehr geehrt fühle für den Kaiser diesen Teller malen zu dürfen, und es werde ein Teller von außergewöhnlicher Kunstfertigkeit werden.

Der Kaiser fühlte sich einerseits geschmeichelt und wollte auch auf das vorausgesagte Kunstwerk nicht verzichten und so ließ er den Faulenzer und Schönredner ungestraft in den Hühnerstall zurückkehren.

Ein weiteres Vierteljahr später fragte der Kaiser wieder nach dem Teller. Seine Höflinge berichteten, dass sie untröstlich seien, nichts Besseres, als seither, berichten zu können.

Der Kaiser ließ den Maler wieder vor seinen Thron rufen.

Wie der Maler vor dem Thron kniete, fragte der Kaiser nach dem Fortgang. Der Maler sagte, dass er im Hühnerstall direkt vor dem Geschehen außerordentlich gut vorankäme. Der Kaiser fragte zynisch: Meditierst du noch darüber oder gibt es schon konkrete Fortschritte?“ Darauf erwiderte der Maler: „Ich meditiere nicht über den Hahn, im Gegenteil, ich   beobachte die Hähne unentwegt, beim  morgendlichen Krähen, beim friedlichen Scharren und friedlichen Picken, beim breitspurigem Stolzieren, bei blutigen Revierkämpfen, beim erfolgreichen Besteigen der Hühner, bei schmählichen Verlusten und beim flügelschlagenden Verfolgungsrennen wegen eines Wurms.

Nicht nur beschwichtigt, sondern neugierig wollte der Kaiser den Teller haben und fragte deshalb: „Wann wird der Teller fertig sein?“

Der Maler fragte darauf zurück: „Was wünschen seine Majestät, auf dem Teller dargestellt, Wachheit, Mut, Geschick, Gerechtigkeit oder Autorität?

Etwas verunsichert antwortete der Kaiser. „Autorität“.

Darauf erwiderte der Maler: „Nachdem ich jetzt genau weiß, was Eure Majestät wünschen, kann ich nun in meine Werkstatt zurückkehren und sogleich beginnen, den Teller zu malen, er kann beim nächsten Glasurbrand dann mit in den Ofen gestellt werden.

Der Maler kehrte unverzüglich zurück in seine Werkstatt. Dort angekommen, begann er noch am selben Tag den autoritären Hahn zu skizzieren, am nächsten Tag malte er ihn aus und stellte ihn zum Glasurbrand.

Wie der Teller fertig war wurde er zum Hof des Kaiser gebracht. Der Kaiser hatte noch nie einen so kunstvoll bemalten Teller gesehen. Der Hahn krähte, dabei konnte die Brust des Hahns nicht geschwollener und höher, der Hals nicht länger, der Kopf nicht weiter zurückgebogen, der Kamm nicht geschwollener und der Schnabel nicht geöffneter gemalt sein.

Was will die Geschichte ausdrücken? Malen heißt beobachten, beobachten und nochmals beobachten! Wichtig dabei ist, mit dem Auge zu sehen was da ist, ohne das Gesehene mit dem Verstand nach einem früheren Blick zu ergänzen.

Ein Hilfsmittel, das ich bei meinem Vater beobachtet habe, ist, mit der Hand ein Fernrohr zu bilden und das, was im Moment zu sehen unwichtig ist, dadurch auszuschließen.

 Was der Porzellanmaler wahrgenommen hätte, wenn er danach gesehen hätte

  • Der blaue Himmel ist am Horizont heller als im Zenit.
  • Das Meer ist am Horizont dunkler als im Vordergrund.
  • Wolken sind an der Unterseite dunkler als an ihrer Front oder der Oberseite.
  • Im Schatten scheint der Untergrund immer noch durch. (Deshalb wird ein sehr intensiver, dunkler Schatten mit einem sehr wässrigen vanDyckbraun über den Untergrund lasiert.)
  • Glanz wird weiß dargestellt. (Mit lasierendem Zinkoxid habe ich damit wenig Erfolg gehabt, es taugt vielleicht für Nebel oder Dunst)
  • Die Baumkrone gleicht in ihrer Form oft dem Blatt oder der Frucht. Naturbelassene Apfelbäume haben eine Kugel-, Birnenbäume eine Birnenform. Linden haben einen tiefergezogenen Ast wie die asymmetrisch Ader ihres herzförmigen Blattes.

 Weiter Tricks und Kniffs 

Horizontalen, Senkrechten und schrägverlaufende Parallelen 

Eine oder mehrere Horizontalen oder Senkrechten skizziert man am einfachsten mit einer am Bildrand angelegten Reisschiene, wie sie bei technischen Zeichnungen auf Reisbrettern verwendet wird.

Mit einem an der Reisschiene angelegten Winkel lassen sich bequem parallel verlaufende Schattengrenzlinien skizzieren. Passen die Winkel der Zeichendreiecke nicht, schneidet man sich einen passenden Winkel aus Pappe. 

Bei der Wandmalerei muss anstelle einer Reisschiene ein Laser-Nivelliergerät oder eine Wasserwaage herhalten. 

Wie man bequem eine Ellipse auf dem Malgrund skizziert 

Eine Ellipse erzeugt man am leichtesten, indem man einen Kreis aus Pappe oder ähnlichem ausschneidet und schräg vor eine Lampe mit Glühbirne hält, die kein Linienstrahler, wie eine Leuchtstofflampe, sondern ein Punktstrahler ist. Den ausgeschnitten Kreis klebt man an eine Stricknadel, die man so lange dreht und wendet, bis die gewünschte Ellipse als Schatten auf dem Malgrund erscheint. Dann wird der Schattenumriss nachskizziert. Der ausgeschnittene Kreis muss auf jeden Fall kleiner als die zu skizzierende Ellipse sein. Die Größe der Ellipse ergibt sich aus dem Abstand der Lampe von dem ausgeschnittenen Kreis. Wichtig ist, dass der Lichtstrahl senkrecht auf den Malgrund auftrifft. Trifft der Lichtstrahl schräg auf den Malgrund, gibt es eine Eiform. 

Viele Gleiche 

Viele Gleiche sind zum Beispiel viele Zwiebeln auf dem Markt oder viel Sandkörner aus der Nähe betrachtet.

Die ägyptischen Zwiebeln entzücken durch ihre rot bis violette Schale. Der chinesische Porzellanmaler würde aber beobachtet haben, dass die Zwiebel überwiegend weiß glänzt und nur wenig violett aufweist. Ich brachte viele violette runde Tupfen auf den Malgrund, dann brachte ich in die Mitte der violetten Tupfen kleinere weiße Tupfen mit Titanoxid. Als alle Zwiebeln fertig waren, lasierte ich mit einem sehr wässrigen und mehr roten Violett über alle violett und weißen Zwiebeln darüber.

Viele Orangen erhält man durch orange Tupfer, dann mit Titanoxid kleinere weiße Tupfer auf die orangen Tupfer und lasiert mit wässrigem Gelb darüber.

Beim Sand spritzt man dunkle Sandkörner mit gebranntem Umbra. Das geschieht, indem man mit einer in Farbe getauchten Zahnbürste über das trockene Sieb des Pinselreinigers streift, so dass Spritzer entstehen, die auf das Bild fallen. Da muss man vorher ein bisschen probieren, bis man den Dreh heraus hat, dass Spritzer entstehen. Die Siebfläche muss nicht über dem Malgrund sondern senkrecht dazu stehen, so dass man die Zahnbürste senkrecht zum Malgrund bewegt. Dann lasierte ich mit wässrigem Lichten Ocker, oder der entsprechenden Grundfarbe des Sandes, darüber. Beim Sand setzt man zum Schluss auf den Lichten Ocker noch weiße Punkte von Titanoxid mit der Spritztechnik des Pinselreinigersiebes. 

Der Goldene Schnitt 

Das Auge verweilt gerne im Goldenen Schnitt. Der Goldene Schnitt besteht auf einem viereckigen Bild 4 mal. Man hat also auf einem Bild 4 Punkte zur Auswahl, auf die man den Betrachte besonders leicht aufmerksam machen kann, wo die Hauptaussage des Bildes sein kann.

Gut angenähert findet man die vier Punkte des Goldenen Schnitts, indem man die Breite des Bildes misst und dann die Breite durch 3 teilt. (wenn das Bild 60 cm breit ist, wäre 60:3 = 20 cm) Dieses errechnete Drittel (20 cm in diesem Fall) geht man vom linken Rand rein und zieht an dieser Stelle über das ganze Bild eine senkrechte Linie (zum Beispiel mit der Reisschiene), danach dasselbe vom rechten Rand rein. Dann macht man das ebenso mit der Höhe, indem man die Höhe misst, sie durch drei teilt. (Wenn das Bild also 90 cm hoch ist, wäre 90:3 = 30 cm) dieses Drittel (in diesem Fall 30 cm) misst man vom unter Rand nach oben ab und zieht an dieser Stelle einen waagerechten Strich über das ganze Bild. Dann misst man ein Drittel vom oberen Rand nach unten ab und zieht an dieser Stelle eine waagerechte Linie über das ganze Bild. Die nun entstandenen Kreuzungspunkte sind die 4 Goldenen Schnittspunkte.

Man wählt nur einen einzigen Punkt als Hauptaussage des Bildes aus. Das kann eine Explosion, aber auch die totale Ruhe sein. In einem dieser Golden Schnittpunkte kann zum Beispiel in einem Gewitterbild die Sonne versuchen durch eine helle Wolke dringen zu wollen. 

Man muss die Hauptaussage nicht in den Goldenen Schnitt legen, es ist eine gute Möglichkeit.

Nichtnaturalistische Malerei 

Bezüglich der nichtnaturalistischen Malerei ist mir ein Durchbruch gelungen: Wenn ich die naturalistische Malerei beherrsche, kann ich spielen und nichtnaturalistisch malen. Ich darf aber dann nicht erwarten, dass meine Spielereien von anderen ernst genommen werden. Das brauchen sie auch nicht, denn es ist ja eine Spielerei.

 Spielen liegt über dem Niveau von Wirklichkeit. Das Spiel erschafft neue Wirklichkeiten. Spiel ist Kreativität in hoher Potenz.  

Weitere Informationsquellen 

Schmincke (Herausgeber): Kleine Einführung in die Acrylmalerei Schutzgebühr 1,30€ (Boesner)

Katalog Boesner, Künstlerbedarf zu Großhandelspreisen, Schutzgebühr 5€ (umsonst in den Niederlassungen)

Forum bei: www.kunstnet.de

 

Im Mai 2007